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Allianz SE-Chefvolkswirt Dr. Michael Heise
© Allianz / Markus Dlouhy

Allianz SE-Chefvolkswirt Dr. Michael Heise

Allianz-Chefvolkswirt Heise mahnt Strukturreformen ein

Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz, sieht „Stocken der Weltkonjunktur“ und „Zunahme von Konjunktur-Risiken“ – leise Kritik an „starken Nebenwirkungen der geldpolitischen Expansion“ der EZB und Mahnung an (EU-)Staaten: Strukturreformen!

„In unserem Basisszenario gehen wir nach wie vor davon aus, dass auch durch die Politik eine globale Rezession verhindert werden kann. Allerdings wird das Wachstum der Weltwirtschaft in der nächsten Zeit schwach bleiben“, erklärt Dr. Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz SE vor Wirtschaftsjournalisten. Die Allianz erwartet laut Heise für 2019 ein Wachstum des globalen Bruttoinlandsprodukts von 2,5 %, für 2020 nur noch von 2,3 %; nach 1,5 Prozent im Jahr 2018 wird die deutsche Wirtschaft in den Jahren 2019 und 2020 nur noch um 0,6 % pro Jahr wachsen und damit nur rund halb so schnell wie der Euroraum als Ganzes. Da die Handelsunsicherheit – Stichwort USA versus China und reziprok – „voraussichtlich auch im Jahr 2020 anhalten wird“, dürfte sich, erwartet Heise, das österreichische BIP-Wachstum nach plus 1,5 % im kommenden Jahr auf 1 % im Jahr 2020 verlangsamen.

Weltwirtschaft: „Eingetrübt“

Über den Sommer hat sich,  so Heise, die Lage der Weltwirtschaft weiter eingetrübt: Der Handelskonflikt USA-China, geopolitische Risiken , die zunehmende Wahrscheinlichkeit eines „No-Deal“-Brexits und die unsichere politische Lage in Italien forderten ihren Tribut: Der Welthandel ging im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2018 um 0,9 % zurück, und die globale Industrieproduktion wird, erwartet Heise, im September voraussichtlich das erste Mal seit 2009 schrumpfen.

Das trifft auch die Entwicklung in Österreich: Nach drei Jahren kräftigem Wirtschaftswachstum von mehr als 2 % hat sich, so Heise, „die wirtschaftliche Dynamik in Österreich deutlich abgeschwächt“. Die verschlechterten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben auch die österreichischen Exporteure belastet und sich vor allem auf den Industriesektor Österreichs ausgewirkt, „während sich die Dienstleistungen noch recht robust geben“, analysiert Heise. Aber: Der private Konsum dank der sehr günstigen Arbeitsmarktsituation habe sich „ebenso wie in Deutschland als bemerkenswert widerstandsfähig gezeigt“.

„Dennoch ist die Binnennachfrage angesichts der Offenheit der österreichischen Wirtschaft nicht immun gegen externe Gegenwinde“, kommentiert Heise die aktuelle wirtschaftliche Situation in Österreich. „Je länger die globale Konjunkturabschwächung und die erhöhte Unsicherheit andauern, desto stärker wird die österreichische Wirtschaft betroffen sein.“ Da die Handelsunsicherheit voraussichtlich auch im Jahr 2020 anhalten wird, dürfte sich das österreichische BIP-Wachstum nach +1,5 % im kommenden Jahr auf 1 Prozent im Jahr 2020 verlangsamen, so der Allianz Chefvolkswirt.

Die öffentlichen Finanzen Österreichs haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Während der Schuldenkrise im Euroraum ist die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP stark gestiegen. Im Jahr 2018 sank sie jedoch auf 74 Prozent, gegenüber 85 Prozent im Jahr 2015, was auf eine höhere Haushaltsdisziplin, ein kräftiges Wirtschaftswachstum und eine sinkende Zinslast im Staatshaushalt zurückzuführen ist. „Das verlangsamte BIP-Wachstum wird dem Konsolidierungskurs der Regierung etwas Gegenwind verleihen. Wir gehen aber weiterhin davon aus, dass die Schuldenquote bis Ende 2020 unter die 70-Prozent-Marke sinken wird“, zeigt sich Heise für Österreich zuversichtlich.

Sorge bereitet Heise die „starken Nebenwirkungen“ der Geldmarktpolitik von EZB (und der US-Notenbank FED): Heise ortet „starke Nebenwirkungen“ der Null-Zins-Politik und der prolongierten Anleihekäufe: Damit werde eine höhere Risikobereitschaft auf den Finanzmärkten erzeugt (bei allerdings anhaltend hohen Aktienkursen).Private und staatliche Altersvorsorge sei damit im Hinblick auf solide Veranlagung und Rendite unter Druck.

Heise regt zur Geldmarktpolitik der Notenbanken eine „zweigleisige Strategie“ an: Das Inflationsziel von 2 % sei „neu zu kalibrieren“ (Heise fragt „Warum nicht 1,5 %, befristet auf 3–4 Jahre?) und fordert eine Stärkere Beachtung der Nebeneffekte auf die Finanzstabilität an: Vor allem die Kredit-BIP-Quote sei „als wichtiges Element des Finanzzyklus“ stärker in die Maßnahmen zu integrieren. Ausdrücklich hebt Heise bei dieser Gelegenheit die Position des seit September amtierenden OeNB-Gouverneurs Robert Holzmann, der Ende September gegen den restriktiven EZB-Kurs Stellung bezogen hat, hervor: „Das Dogma ‚Schwarze Null‘ der Budgets bei rezessiven Tendenzen sollte genauso infrage gestellt werden wie die Null-Zins-Politik!“

Für Michael Heise war der Wien Auftritt – alternierende einmal im Jahr zum „Allianz Quarterly“ der österreichischen Allianz Invest-Manager Martin Bruckner und Christian Ramberger – der letzte Auftritt in dieser Funktion: Heise, Jahrgang 1956, geht offiziell in Pension, wird aber weiterhin als Berater der Allianz zur Verfügung stehen.

Der Chefvolkswirt des globalen Versicherungsgiganten – die Allianz veranlagt nach eigenen Angaben rund 2,2 Billionen  Euro an verwaltetem Vermögen (Fondsgigant Blackrock rund 6,2 Billionen Euro) – schreibt regelmäßig Kolumnen für die FAZ, Wall Street Journal oder Financial Times, wurde dreimal als „Prognostiker des Jahres“ in der jährlichen Auswertung der Wirtschaftsprognosen von über 50 Institutionen durch die Süddeutsche Zeitung ausgezeichnet und leitet den Ausschuss für volkswirtschaftliche Fragen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

Download der 33-seitigen Präsentation „Rezession oder sanfte Landung? Konjunktur und Finanzmärkte 2019/2020“.

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